Als Mama zurück in den Job

Als Mama zurück in den Job

- ein Artikel in Zusammenarbeit mit Alisha Felkle.



Alisha Felkle ist Mama, Personal- und Business-Coach und Gründerin von Mom.Career. Mit ihrem Wissen aus dem Psychologiestudium, ihrer beruflichen Erfahrung sowie ihrem Talent, sich in die Situation anderer hineinzuversetzen, hat sie sich darauf spezialisiert, insbesondere Müttern zu helfen, wieder ins Berufsleben zu finden. Zu dem Thema „als Mama zurück in den Job“ habe ich Alisha einige Fragen gestellt, die mich zu dem Thema sehr interessiert haben und die ich euch nicht vorenthalten möchte.

Für mich war die Familiengründung nie gleichbedeutend mit dem Aufgeben meiner Karriere oder einer langen Pause aus dem Berufsleben. Wenn ich meinen privaten Umkreis genauer anschaue, würde ich sagen, dass ungefähr 80 % meiner Freundinnen mit Kind nach dem ersten Jahr wieder mit dem Arbeiten angefangen haben – aber alle in Teilzeit. Ich kenne nur einen Papa, der bei dem zweiten Kind seine Stunden etwas reduziert hat, damit seine Frau ihre Teilzeitstunden etwas aufstocken kann, ansonsten änderte sich bei meinen männlichen Freunden mit Kind nichts mit der Familiengründung.

Alisha, wie handhabt ihr das daheim und würdest du sagen, dass es für die meisten Mamas selbstverständlich ist, dass sie in die Teilzeitrolle schlüpfen, während der Mann weiter in Vollzeit bleibt?

Alisha:
"Das ist wirklich die „intuitive“ Regelung in den meisten Familien. Fast immer reduziert die Mutter ihre Arbeitsstunden und das Leben wird an den Beruf des Vaters angepasst. Das ist auch nichts Schlechtes – wenn es eine aktive Entscheidung von beiden Elternteilen ist, nachdem sie die möglichen Alternativen abgewogen haben. Leider ist es in der Realität aber häufig so, dass Frauen glauben, es gäbe keine anderen Wege und das Totschlagargument „mein Mann verdient eben mehr“ jede weitere Überlegung verhindert. Tatsächlich gibt es aber so viele Möglichkeiten außer der 20/40-Stunden-Aufteilung, die viele Vorteile mit sich bringen. Wir persönlich haben in der ersten Zeit die Kombination aus Selbstständigkeit und dem Schichtdienst meines Mannes bestmöglich ausgenutzt, sodass ich ca. 25-30 und er 37 Stunden gearbeitet hat. In Zukunft wird er seine Arbeitszeit reduzieren, sodass wir beide eine 30-Stundenwoche haben, ohne Einschränkungen einer der beiden Karrieren in Kauf nehmen zu müssen. Außerdem haben wir so beide viel Zeit mit unserem Sohn und können es auch genießen, Eltern zu sein."

 

Das Modell „die Frau gehört an den Herd. Ihr Gatte bringt das Geld nach Hause“ ist zunehmend veraltet. Stellen dennoch viele Frauen ihr Licht unter den Scheffel?

Alisha:
"Ja das ist häufig der Fall und die Gründe dafür vielfältig. Auch dieses „klassische Modell“ ist nicht per se etwas Negatives. Frauen sollten sich nur ehrlich fragen: Ist das mein Wunsch? Viele Frauen können sich vor der Schwangerschaft nicht vorstellen, als Mutter „nur“ Hausfrau zu sein – sobald aber die Kinder kommen, ändern sich manchmal Wünsche und Prioritäten. Wenn es dann der eigene Wunsch ist, zu Hause zu bleiben und die Familienzeit in vollen Zügen zu genießen, ist das großartig. Hier sollte man nur die eigene Rente nicht aus dem Blick lassen und sich selbst immer wieder Deadlines setzen, nach denen die Entscheidung neu hinterfragt wird. Oft sind es aber eigentlich andere Gründe. Erwartungshaltungen und Vorurteile anderer („Wozu hat sie denn dann Kinder gekriegt?!“), Sorge darüber, ob alles unter einen Hut passen könnte oder, dass der alte Job einfach nicht mehr attraktiv ist. Dann rate ich dazu, den Break der Elternzeit als Chance zu nutzen, zu neuen Ufern aufzubrechen. Wir haben alle noch so viele Jahre zu arbeiten. Es wäre schade, diese Zeit irgendwo abzusitzen oder sich ganz aus dem Arbeitsleben zurückzuziehen, nur weil man noch nicht das Richtige gefunden hat – denn irgendwann sind die Kinder auch groß und spätestens dann steht Frau wieder vor dieser Frage: Was will ich beruflich machen? Wie geht es für mich weiter?"

 

 Alisha Mom.Career

 

Ich bin dem Ganzen mal etwas auf den Grund gegangen und habe mir die Daten vom statistischen Bundesamt angeschaut. Fakt ist, dass zwei Drittel aller erwerbstätigen Mütter in Teilzeit arbeiten, wobei Väter nur in 6 % der Fälle auf das Teilzeitmodell zurückgreifen. Fast 75 % aller Mütter, die mindestens ein Kind unter 18 Jahren haben, sind erwerbstätig. Die Quote ist in den letzten Jahren stetig angestiegen.

Woran liegt es deiner Meinung nach, dass in immer mehr Haushalten auch die Frauen zeitnah wieder arbeiten gehen – oft nach dem ersten Jahr? Ist das nur mit dem Wunsch nach Selbstverwirklichung zu begründen oder auch mit der Änderung der finanziellen Situation vieler Familien?

Alisha:
"Es ist, denke ich, eine Kombination: Der Wunsch (manchmal schon fast Druck), emanzipiert zu sein; das steigende Bewusstsein dafür, dass Frau mit ihrem Karriereknick das Risiko von Altersarmut in Kauf nimmt; Spaß an der Arbeit; der Wunsch zur Selbstverwirklichung und der Wille, die jahrelange Vorarbeit in Studium und Beruf nicht verfallen zu lassen … Außerdem sind natürlich unsere Lebenskosten, vor allem fürs Wohnen, und unsere Ansprüche so stark gestiegen, dass der Status Quo mit einem Gehalt oft nicht zu halten ist."

 

Was würdest du Mamas raten, die nicht wissen, ob sie in ihren alten Job zurück gehen? Und was sind meist die Gründe, wieso der alte Job nicht mehr passt, seit sie eine Familie gegründet haben?

Alisha:
"Unbedingt hinterfragen, woher dieses ungute Gefühl kommt. Ist es die Angst vor der Doppelbelastung? Das Gefühl „raus zu sein“ und nicht mehr mithalten zu können? Haben sich deine Prioritäten und Interessen geändert? Gab es negative Situationen mit deinem Arbeitgeber vor oder während deiner Elternzeit? Hat der Job überhaupt jemals richtig zu dir gepasst? Wenn ich weiß, wo der Schuh drückt, kann ich sinnvolle Schritte unternehmen, um etwas zu verbessern. Herauszufinden, was bisher schief gelaufen ist, ist auch schon der erste Schritt für eine gelungene Neuorientierung."

 

Dein Coaching ist ja auch sehr individuell, je nach Situation und dem Bedarf deiner Klientinnen. Wie hilfst du, dass Mamas wieder in die Arbeitswelt einsteigen können, und was sind die größten Hürden bei Verhandlungen? Was sind für dich die wichtigsten Tipps, die du deinen Moms mit auf den Weg gibst?

Alisha:
"Je nach Situation der Mutter helfe ich ihr, herauszufinden, was sie zukünftig beruflich machen möchte. Dazu erkennen wir mit psychologischen Methoden und einigen Gesprächen, wo die Stärken und Ziele der Frauen liegen. Wenn wir dann ein konkretes Ziel gefunden haben oder die Richtung schon vorher klar ist, helfe ich den Frauen dabei, sich ihren Traumjob zu holen. Dazu finden wir geeignete Stellen, erstellen ansprechende Unterlagen und bereiten uns auf das Vorstellungsgespräch vor. Wenn das Ziel  eine Selbstständigkeit ist, denken wir die Idee gemeinsam durch und entwickeln ein Konzept und einen Plan für die ersten Schritte. Ein Knackpunkt bei all diesen Schritten ist häufig das (berufliche) Selbstbewusstsein. Das ist bei vielen Frauen nach ihrer Elternzeit leider wesentlich geringer als vorher – obwohl es das nicht sein muss. Mutter zu werden macht uns nicht zu schlechteren Arbeitnehmerinnen, sondern verleiht uns viele neue Skills und macht uns zu attraktiven Kandidatinnen auf dem Arbeitsmarkt."

 Alisha Mom.career

 

Mutter sein, arbeiten und den Haushalt schmeißen – mittlerweile ist es normal geworden, dass Frauen gefühlt alles gleichzeitig managen. Mir hat insbesondere die Pandemiesituation gezeigt, wie wichtig es ist, nicht zu vergessen, dass man selbst auch noch ein Mensch mit Bedürfnissen ist. Ich liebe meinen Job. Und ich liebe meine Kinder. Deshalb habe ich alles so gedreht, dass ich meine Kinder nach dem Mittag abholen kann und jeden Nachmittag für sie Zeit habe. Dafür arbeite ich oft abends noch oder auch ab und an am Wochenende, wenn die Kinder schlafen oder Papa-Zeit haben. Einkauf, Haushalt und alles Sonstige muss nebenbei mitlaufen. Mein Ausgleich ist Yoga, aber auch das musste ich erst finden und viel wichtiger: Ich musste erst lernen, mir tatsächlich aktiv Zeit dafür zu nehmen.

Was empfiehlst du, wenn es dann doch mal alles zu viel wird: Kinderbetreuung, Haushalt, Arbeit …? Wie sieht dein „Ausgleich“ im stressigen Alltag aus?

Alisha:
"Wie man es auch dreht: Diese Lebensphase ist vollgepackt und stressig. Die aktuelle Situation wirft uns Workingmoms da wirklich noch eine Schippe drauf und macht vieles unplanbar. Ich glaube ein Schlüssel ist es, etwas „gütiger“ zu sich selbst zu sein. Dann bleibt eben mal etwas liegen, es wird wieder andere Zeiten geben, in denen du das aufholst. Außerdem sollte man immer wieder hinterfragen, welche Aufgaben, Termine oder Gefallen für andere wirklich nötig sind und gerade reinpassen. Offene Kommunikation mit dem Partner und dem Umfeld ist da sehr wichtig und oft kommt Unterstützung, wo man sie selbst nicht erwartet hätte. Ein Ausgleich ist absolut wichtig, um in allen Bereichen gelassener sein zu können und alle Aufgaben auch gut zu bewältigen. Am besten definiert man in seiner Woche einen festen Zeitraum für zum Beispiel Yoga, anderen Sport, einen Spaziergang alleine oder schlicht ein Date mit der Badewanne. Dann ist für alle klar: Da ist Mamas Zeit, da werden keine Aktionen geplant oder Termine angenommen."

 

Alisha Mom.Career

 

Laut dem statistischen Bundesamt arbeiten fast doppelt so viele Männer in mobilen Arbeitsmodellen wie Frauen. Gründe dafür sind nicht angegeben. Wäre es nicht eigentlich genau andersherum logischer oder ist dann die Belastung zu hoch?
Vor allem während der Pandemiesituation waren aber viele Eltern vermehrt darauf angewiesen, soweit ihr Beruf das ermöglichte, mit Kind daheim zu arbeiten. Mit kleineren Kindern ist das meiner Meinung nach eine Herausforderung, da sie einerseits Beschäftigung einfordern und andererseits auch noch einen starken Entdeckungsdrang haben. Ich konnte bei meinen Kindern (1 und 3 Jahre) während dem Lockdown gar nicht zählen, wie häufig ich von meinem Bildschirm aufgeschaut habe, weil sie schon wieder neuen Unfug gemacht haben. Ich habe nochmal einiges nachlegen müssen im Sinne der Kindersicherheit – und damit unser Inventar nicht zu Kleinholz wird.

 

Damit zu meiner letzten Frage: Als Mama mit Kind daheim im Homeoffice – was ist deine Meinung dazu, ob nicht eher mehr Mamas die Möglichkeit haben sollten, daheim zu arbeiten?  

Alisha:
"Generell: ja. Alleine die Wege, die wir sparen, und der ausfallende Smalltalk im Büro, der die oft so knapp bemessene Arbeitszeit noch schrumpft, sparen uns Zeit. Es ist auch schon lange gut belegt, dass Arbeitgeber von Homeofficemöglichkeiten stark profitieren, da die Angestellten seltener krank und im Allgemeinen produktiver sind. Vielen fehlt aber der kollegiale Kontakt und der Tapetenwechsel. Es ist also Typsache. In der aktuellen Situation ist es aber häufig eher eine zusätzliche Belastung: Die Grenzen verschwimmen, Pausen werden nicht zu Erholung genutzt, sondern dazu, schnell etwas im Haushalt zu schaffen. Die Versuchung abends noch kurz die eine E-Mail zu schreiben, ist riesig. Außerdem ist, wie du sagt, konzentriertes Arbeiten zu Hause eigentlich nur möglich, wenn die Kinder in der Betreuung sind. Also ich würde sagen: Generell ist mobiles Arbeiten für Mütter eine Erleichterung in der Tagesplanung und je nach eigenen Vorlieben ein echter Mehrwert. Eine Lösung für Situationen, in denen keine Kinderbetreuung möglich ist, ist es aber nicht."

 

Liebe Alisha, vielen Dank für deine informativen Einblicke. Großartig, wie du das mit deiner Familie managst und mit welchem Herzblut du Mamas bei ihrem Weg zurück in den Job begleitest.

 

Autor: Victoria Blendl, GADGETTO Products

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